Erfurt, 19. Februar 2019 – Bislang hatten Sie als Arbeitgeber beim Urlaub eine recht komfortable Situation: Ihre Arbeitnehmer mussten den Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Vergaßen sie im Weihnachtsstress ein paar Tage und waren auch nicht wegen Krankheit am Urlaub gehindert, verfiel der restliche Urlaub mit dem Ende des Jahres am 31. Dezember.
Doch dieser Verfall der restlichen Urlaubstage ist stark eingeschränkt worden.
Der Europäische Gerichtshof hatte am 6. November 2018 (C-684/16) geurteilt, dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer ermöglichen muss, den Urlaub zu nehmen, ihn auf die Urlaubstage und den drohenden Verfall hinweisen muss, ihn "in völliger Transparenz" aufklären muss – erst dann können Urlaubstage der Arbeitnehmer am Jahresende verfallen.
Die höchsten deutschen Arbeitsrichter formulieren das wie folgt:
"Der Arbeitgeber kann sich ... auf den fehlenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ... nur berufen, wenn er zuvor konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird."
Was bedeutet das nun aber konkret?
Was müssen Sie als Arbeitgeber nun tun? Ist es notwendig, jeweils einen Zwischenstand im Verlauf des Jahres mitzuteilen?
Nein. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt klar gestellt (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 541/15). Es stellt folgende Anforderungen:
1. Sie müssen Ihre Arbeitnehmer informieren.
Und zwar
- am Beginn des Jahres über die Summe der Urlaubstage ("30 Urlaubstage")
- über die Fristen ("bis zum 31. Dezember dieses Jahrs zu nehmen")
- über die Konsequenz des Verfalls ("Urlaub verfällt").
Das Ganze reicht als E-Mail an den Arbeitnehmer, also in der so genannten Textform.
Der Präsident das Hamburger Arbeitsgerichtes, Dr. Esko Horn, hat folgende Formulierung in einer Fortbildung für Anwälte vorgeschlagen:
"Sehr geehrte Frau ... / Sehr geehrter Herr ...
In diesem Jahr steht Ihnen ein Urlaub in Höhe von ... Tagen zu. Wenn Sie diesen Urlaub nicht bis zum 31. Dezember dieses Jahrs genommen haben werden, wird dieser verfallen. Daher fordere ich Sie auf, Ihren Urlaub so zu beantragen, dass er dieses Jahr genommen werden wird.
Mit freundlichen Grüßen"
Oder in den Worten der Bundesarbeitsrichter:
"Der Arbeitgeber ... kann seine Mitwirkungsobliegenheiten regelmäßig zum Beispiel dadurch erfüllen, dass er dem Arbeitnehmer zu Beginn des Kalenderjahres in Textform mitteilt, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm im Kalenderjahr zustehen, ihn auffordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann, und ihn über die Konsequenzen belehrt, die eintreten, wenn dieser den Urlaub nicht entsprechend der Aufforderung beantragt. Die Anforderungen an eine ,klare' Unterrichtung sind regelmäßig durch den Hinweis erfüllt, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, er ihn aber nicht beantragt."
Vorsicht: Nicht reiche wird ein Hinweis im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag!
2. Sie müssen Ihren Arbeitnehmer in die Lage versetzen, den Urlaub zu nehmen.
Das bedeutet:
Sie dürfen Ihren Arbeitnehmer nicht aktiv davon abhalten, Urlaub zu nehmen. Also nicht erklären: "Es ist gerade so viel zu tun! Du kannst nicht weg!"
Sie sollten keine Anreize schaffen, auf den Urlaub zu verzichten. Also nicht anbieten: "Wenn Du auf Deine Woche Urlaub verzichtest, zahle ich Dir 500,00 Euro extra."
Sie müssen es vermeiden, sich widersprüchlich zu verhalten. Also nicht schreiben: "Sie sollten nun Urlaub beantragen." Und dann erklären: "So war das aber gar nicht gemeint. Ich musste das doch nach außen so darstellen."
Sie haben Fragen zum Thema Urlaub? Sie möchten wissen, wie Sie im Arbeitsvertrag vorteilhafte Regelungen treffen können? Wir helfen gern. Rufen Sie an unter 040 3 500 400.
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